Genfer Auto-Salon: Die Ära der Elektrofahrzeuge ist da
Nigel Topping, CEO der „We Mean Business coalition“Der Genfer Auto-Salon setzt der Autoindustrie neue Maßstäbe, dieses Jahr mit einer sehr klaren Botschaft: Das Zeitalter der Elektrofahrzeuge (EV) hat begonnen.
Auf der Messe werden Dutzende neuer Elektrofahrzeuge von namhaften Unternehmen wie Honda, Volvo, VW, Kia, Seat, Subaru und Citroën ausgestellt. Die neuen Fahrzeuge sind in allen Varianten erhältlich – von kleinen, für Großstädte geeigneten Stadtautos über familienfreundliche Geländewagen bis hin zu „Superfahrzeugen“, wie dem weltweit schnellsten Roadcar – dem nur durch Elektrostrom betriebenen Pininfarina Battista.
Audi gibt sich so selbstbewusst hinsichtlich des Trends, der die Branche beherrscht, dass der deutsche Hersteller von Luxusautos auf der Genfer Messe ausschließlich Elektrofahrzeuge ausstellt. Das Unternehmen präsentiert vier neue rein elektronisch betriebene Autos sowie vier Plug-in-Hybrid-Modelle – jedoch kein einziges nur durch Verbrennungsmotor betriebenes Auto.
Honda nutzte die Messe als Gelegenheit, sein Vorhaben anzukündigen, bis 2025 alle seine nach Europa ausgelieferten Modelle ausschließlich elektrisch zu betreiben – eine Vorstufe zu dem vom Unternehmen bereits geäußerten Ziel, seine gesamte Autoflotte bis zum Jahr 2030 vollständig auf den Elektrobetrieb umzustellen.
Noch vor ein paar Jahren wäre diese radikale Neuorientierung der Autohersteller vollkommen undenkbar gewesen. Wenn man sich die Markteinführung der ersten Elektroautos auf der Messe 2015 vor Augen ruft, wird klar, dass sich die meisten dieser Modelle zu diesem Zeitpunkt noch in einem reinen „Konzeptionszustand“ befanden oder gar nur in Form futuristischer Konstruktionspläne existierten. Jetzt präsentieren sie sich als echte, fahrbare Autos, bereit für eine Zukunft ganz ohne CO2-Emissionen.
Doch das jüngste „Muskelzeigen“ der Autohersteller für elektrisch betriebene Fahrzeuge ist Teil einer langfristigen Veränderung, die die Branche schon seit vielen Jahren durchläuft. Bis zum heutigen Tag haben sich fast alle weltweit führenden Autohersteller dazu bekannt, in Zukunft ihre Produktflotte ganz oder teilweise zu elektrifizieren, und die Produktion hunderter neuer Elektrofahrzeuge ist geplant.
So gab Volvo z. B. letztes Jahr bekannt, die Produktion reiner Benzinautos nach 2019 auslaufen zu lassen und kündigte außerdem an, vor dem Hintergrund der Umstellung seiner gesamten Produktpalette auf Elektroautos keine weiteren Dieselmodelle auf den Markt zu bringen. Auch Volkswagen wird bis 2028 70 voll elektrisch betriebene Modelle auf den Markt bringen und erweiterte damit sein früheres Versprechen, bis 2025 50 Elektromodelle im Angebot zu haben.
Untermauert wird dieser Wechsel durch substantielle Investitionen. So ließ die deutsche Automobilindustrie zum Beispiel vor Beginn des Genfer Auto-Salons verlauten, dass sie plane, im Laufe der nächsten drei Jahre fast 60 Milliarden Euro (68 Milliarden US-Dollar) in die Entwicklung von Elektroautos und fahrerlose Technologien zu investieren.
Außerdem kündigten laut ICCT die Autohersteller weltweit noch mehr als 150 weitere Milliarden Dollar Investitionen an, um die gemeinsam vereinbarten Produktionsziele von 13 Millionen Elektroautos pro Jahr bis 2025 zu erreichen.
Es gibt verschiedene Schlüsselfaktoren, die diese Veränderungen ausgelöst haben: Dazu gehören unter anderem neue politische Entscheidungen, die die Einführung von EVs fördern, die wachsende Nachfrage durch Verbraucher und Unternehmen, rasante technologische Entwicklungen sowie die Dringlichkeit, mit der den Auswirkungen des Klimawandels und der Umweltverschmutzung begegnet werden muss.
Die Politik entscheidet sich für Elektroautos
Die politische Landschaft engagiert sich zunehmend für die rasche Einführung von EVs als entscheidendes Instrument zur Reduzierung der Umweltverschmutzung in den Städten und zum Erreichen der Ziele des Pariser Abkommens.
Der Transportsektor ist momentan für 23°% des weltweiten, energiebedingten CO2-Ausstoßes verantwortlich und ist damit laut IEA der am schnellsten wachsende Faktor, der zum Klimawandel beiträgt. Von gesundheitlichen Schäden, die durch Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor verursacht werden, sind Menschen auf der ganzen Welt betroffen. Wie Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) belegen, atmen neun von zehn Menschen weltweit ständig Luft mit einem hohen Anteil an Schadstoffen ein, der unter anderem durch den Straßenverkehr hervorgerufen wird.
Zahlreiche Länder haben das Potenzial von EVs als wichtiges Mittel zur Lösung dieser Probleme einerseits und als treibende Kraft für wirtschaftliches Wachstum andererseits erkannt. Das Vereinigte Königreich, Frankreich und Norwegen haben sich bereits verpflichtet, die Produktion von benzin- und dieselbetriebenen leichten Personenkraftwagen in den kommenden Jahrzehnten vollkommen einzustellen. Indien hat als Planziel verkündet, dass bis 2030 jedes im indischen Subkontinent verkaufte Auto elektrisch betrieben sein wird und China verzeichnet wachsende Verkaufsquoten für EVs – die Quote für Anfang 2019 lag bei 10%.
In der EU treten ab 2021 neue Grenzwerte für Kohlendioxid-Emissionen in Kraft; weitere Senkungen der Grenzwerte sind für 2025 und 2030 geplant.
Letztes Jahr haben 26 Städte, Staaten und Unternehmen im Rahmen der von The Climate Group, C40 Cities und Under2 Coalition geleiteten Initiative #ZEVChallenge bekannt gegeben, verstärkt Null-Emissions-Autos einzuführen.
Neben diesen sehr deutlichen Signalen, die wichtige Motoren sind, um Autohersteller und Konsumenten dazu zu bewegen, in EVs zu investieren, gibt es jedoch auch subtilere politische Initiativen, die den Wechsel zu Null-Emissions-Autos entscheidend vorantreiben. So weist zum Beispiel Norwegen die ambitioniertesten politischen Maßnahmen auf – unter anderem kostenloses Parken in Städten für EVs und eine reduzierte Straßensteuer – mit dem Ergebnis, dass Norwegen nun mit ca. einem Drittel seiner Bevölkerung über die höchste Pro-Kopf-Quote von EVs verfügt.
Die Nachfrage schnellt exponentiell in die Höhe
Noch vor zwei Jahren machte der Umsatz von EVs mit nur 1 % am Gesamtumsatz des weltweiten Automarktes einen verschwindend geringen Anteil aus, heute jedoch führt die wachsende Nachfrage durch Konsumenten und Unternehmen zu einem exponentiellen Wachstum des Marktanteils. Der Umsatz von chinesischen Plug-in-Fahrzeugen (PEV) stieg im Februar 2019 im Vergleich zum Vorjahresmonat um 175 %, was einem Anteil von 4,8 % des größten Automarkts der Welt entspricht.
Auch vom bedeutenden Unternehmensmarkt geht ein deutliches Signal für den Übergang zu EVs aus: Bis heute haben sich mehr als 30 multinationale Unternehmen im Rahmen der EV100-Initiative dazu verpflichtet, die weltweite Verbreitung von EVs und die Infrastrukturdichte von Ladestationen anzukurbeln. Zu diesen Unternehmen gehören der chinesische Suchmaschinen-Gigant Baidu, das weltweit führende Post -und Logistikunternehmen Deutsche Post DHL Group, der Autoflottenbetreiber LeasePlan und das weltweit größte Möbelunternehmen Ingka Group (IKEA).
Der Gruppe dieser Unternehmen sind seit diesem Monat noch die nationalen Postunternehmen Die Schweizerische Post und die Österreichische Post Aktiengesellschaft zuzurechnen, die sich der Initiative unter Leitung der Climate Group ebenfalls verpflichteten. Insgesamt stellt The Climate Group damit den Elektroantrieb von mehr als 2 Millionen Fahrzeugen bis 2030 in Aussicht, wie der aktuelle EV100-Bericht belegt.
Technologie macht es möglich
Unterstützt wird dieser rasante Wechsel zu EVs durch dynamische technologische Entwicklungen: EVs können nun schneller längere Strecken zurücklegen als noch vor ein paar Jahren, was dazu beiträgt, Befürchtungen in Bezug auf einen nur eingeschränkten Kilometerradius dieser Fahrzeuge, hohe Kosten und fehlende technischer Zuverlässigkeit auszuräumen.
Der Batteriesektor ist einer der Bereiche, in dem entscheidende technologische Entwicklungen stattfinden. Neue EVs wie das Tesla Modell 2 können inzwischen bis zu 480 Kilometer zurücklegen, bevor sie erneut geladen werden müssen und stehen damit vielen traditionellen, benzinbetriebenen Autos in nichts nach. Neuzugänge auf dem Markt, wie der Dyson, führen zu einer erhöhten Nachfrage nach immer effizienteren Batterien; auf dem wachsenden Markt für Elektrobatterien sind daher keine Anzeichen für einen Rückgang der Nachfrage zu erkennen.
Bloomberg NEF zufolge wird der weltweite Energiespeichermarkt bis 2040 ein Volumen von insgesamt 942 GW erreicht haben; durch diesen Anstieg wird sich der Gesamtinvestitionsbedarf in dieser Branche auf 1,2 Billiarden US-Dollar belaufen. Die durch den Zuwachs erreichte Speicherkapazität entspricht der Speicherkapazität der gesamten Flotte kohlebetriebener Kraftwerke in China.
Inzwischen hat ein Wettlauf zur Bereitstellung einer tragfähigen Infrastruktur von Ladestationen begonnen, wobei sich die Entwickler dieser Infrastruktur, die Unternehmen ChargePoint und EVBox, das Ziel gesetzt haben, bis 2025 mehr als 3,5 Millionen neue Ladestationen zu errichten.
Unternehmen wie EMotorWerks entwickeln ständig neue innovative Strategien, die wachsende Flotte von mobilen Batterien und Ladestationen zu nutzen und sich dadurch neue Geschäftschancen zu erschließen. EMotorWerks nutzt seine bereits ans Netz angeschlossenen 10.000 Ladestationen, um Teil von Kaliforniens Energiemarkt zu werden – und fungiert damit auf der Grundlage der Gesamtspeicherkapazität von EVs quasi als riesige Ladebatterie, die Strom an Kaliforniens Energienetz liefern kann.
Vor dem Hintergrund all dieser in dieselbe Richtung weisenden Faktoren ist es nicht überraschend, warum der diesjährige Genfer Auto-Salon durch den Wechsel von traditionellen, benzinbetriebenen Autos zu Elektroautos dominiert wird.
Dieser Artikel wurde zuerst auf der Website von Business Green veröffentlicht.
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